Bandai Namco: Die Spielzeugexperten - Branchenriesen Teil 11

2022-12-08 12:11:36 By : Ms. Jojo Zhu

Die Geschichte von Bandai und Namco startete getrennt. Was beide aber gemeinsam hatten: Sie begannen in den Fünfzigerjahren als Spielzeugfabrikanten in Tokio. Wir verraten euch, wie sie zu Videospielherstellern und -publishern wurden.

Offenbar hatte Naoharu Yamashina genug von Wäsche. 1947 überredete er seinen Schwager, Besitzer einer Textilfabrik, sich in der Spielzeugindustrie zu beteiligen. Das Geschäft lief gut an und so folgte 1950 der nächste Schritt: die Gründung von Bandai. Das erste Spielzeug der Firma, ein Wasserball mit integrierter Glocke, litt noch unter Qualitätsproblemen und verkaufte sich nicht sonderlich gut. Doch das sollte sich ändern, unter anderem weil Yama­shina künftig einen hohen Wert auf die Qualitätskontrolle legte und mit seinen Produkten eine große Zielgruppe erreichte. Bandai verkaufte vor allem Metallautos und -flugzeuge - und hatte damit großen Erfolg. Schon in den Fünfzigerjahren exportierte Bandai seine Produkte auf den nordamerikanischen Markt.

1963 sollte wegweisend für Bandai sein. Pünktlich zum Start der Anime-Fernsehserie Astro Boy brachte Bandai eine Spielzeugfigur des Namcos Galaga (1981) gehört zu den Kultspielen der Arcade-­Ära. Quelle: Moby Games gleichnamigen Superhelden auf den Markt. Astro Boy war Bandais erstes Spielzeug, das auf einem Helden aus einem Manga beziehungsweise einer Fernsehserie basierte. Mit diesem Geschäftsmodell - qualitativ hochwertigen Spielzeugen zu bekannten Lizenzen - eroberten die Tokioter den japanischen Spielzeugmarkt und entwickelten sich bis in die Achtzigerjahre zur Nummer Eins in ihrem Land. Doch auch in anderen Bereichen lief es gut. So etwa mit Plastikmodellbausätzen, ebenfalls zu starken Lizenzen wie zum Beispiel Star Wars.

Wie viele andere Spielzeughersteller wagte Bandai 1977 den Sprung auf den Konsolenmarkt. Das Bandai TV Jack war eine typische Konsole seiner Zeit mit Sportspielen, die auf dem Spielprinzip von Ataris Hit Pong (1972) basierten. 1979 stoppte Bandai die Produktion seiner TV-Jack-Konsolenreihe und ging stattdessen eine Kooperation mit Mattel ein. Der US-amerikanische Spielzeuggigant plante mit seiner Konsole Intellivision, einen direkten Konkurrenten für Ataris 2600er auf den Markt zu bringen. Für Japan suchte Mattel einen Distributionspartner - und fand ihn in Bandai. Gleichzeitig brachte Bandai weiterhin eigene Hardware auf den Markt. Doch weder die Konsole Bandai Arcadia (1982) noch Bandais LCD-Spiele oder der Heimcomputer Bandai RX-78 hinterließen tiefe Spuren in der Videospielhistorie.

Mehr Erfolg hatte Bandai als Publisher von Videospielen, insbesondere für das NES. 1985 veröffentlichten die Japaner Tag Team Match: MUSCLE vom Entwicklungsstudio Tose. Das Wrestlingspiel basierte auf einem populären Manga sowie einer Animeserie. Zusätzlich zum NES-Spiel lieferte Bandai auch noch die passenden Spielzeuge. Seit 1983 produzierte Bandai mit seiner Tochterfirma Bandai Visual (heute: Bandai Namco Arts) Tag Team Match: MUSCLE (1985) basierte auf Charakteren aus der Mangaserie Kinnikuman. Quelle: Moby Games Animeserien und -filme wie etwa Cowboy Bepop oder Gundam. Für Bandai entwickelte sich ein lukratives Geschäft: Zu populären - nicht selten selbst geschaffenen - Marken lieferten sie ab den Achtzigerjahren Filme, Serien, Videospiele und Spielzeuge. 1986 folgte ein noch größerer Hit. Wieder hießen der Entwickler Tose und der Publisher Bandai. Dragon Ball basierte auf einer seit 1984 laufenden Mangaserie rund um Protagonist Goku und seine Suche nach den namensgebenden Dragon Balls. Dragon Ball verkaufte sich hervorragend und entwickelte sich im Laufe der Jahre zu Bandais wichtigstem Franchise.

Zwei Jahre später veröffentlichte Bandai eine Fußmatte der besonderen Art. Für den Family Trainer, einen Fußmattencontroller, veröffentlichte Bandai insgesamt zehn Spiele, die NES-Spielern Schweißtropfen auf der Stirn bescherten. 1988 sicherte sich Nintendo die Rechte und veröffentliche Bandais Fußmattencontroller unter dem Namen Power Pad. In den Neunzigerjahren folgten weitere Videospiele bekannter Marken, beispielsweise das Taktik-RPG Super Robot Wars (1991), das Beat 'em Up Sailor Moon (1993) und das Actionspiel Mighty Morphin Power Rangers (1994). Ebenfalls 1994 wagte sich Bandai erneut auf den Konsolenmarkt. Die Multimediakonsole Playdia richtete sich an ein junges Publikum, bot neben Spielen außerdem Lernsoftware und Animequizze an. Das Softwareangebot kam ausschließlich von Bandai und beschränkte sich in der dreijährigen Lebensphase der Konsole auf rund dreißig Titel. Der erste Auftritt der hyperaktiven Power Rangers in einem Videospiel: Mighty Morphin Power Rangers (1994).  Quelle: Moby Games

Die Playdia war kein Erfolg, aber wenigstens auch nicht solch ein Flop wie Bandais folgende Konsole. Seit 1994 arbeiteten Apple und Bandai zusammen an einer Konsole. Das Resultat: der Apple Pippin, den Bandai als Lizenznehmer 1996 als Bandai Atmark auf den Markt brachte. Erneut bot lediglich Bandai Software für sein Produkt an. Neben dem mauen Spieleangebot kamen der relativ hohe Preis und die technische Unterlegenheit gegenüber Konkurrenten wie Sonys Playstation hinzu. Bandai konnte nicht einmal die Hälfte der produzierten Konsolen verkaufen und geriet in finanzielle Schwierigkeiten. Glücklicherweise hatte die Bandai-Mitarbeiterin Aki Maita eine geniale Idee. Ihr Tamagotchi, ein virtuelles Haustier, löste einen riesigen Hype aus. Weltweit begleiteten Millionen Kinder - und auch so mancher Erwachsene - ihr Tamagotchi von der Wiege bis zur Bahre. Angesichts dieses Erfolgs nahm Bandai einen erneuten Anlauf auf dem Konsolenmarkt. 1999 erschien die von Gameboy-Erfinder Gunpei Yokoi entwickelte Handheld-Konsole Wonderswan. Die Verkaufszahlen waren gut, lagen aber deutlich hinter denen von Nintendos Gameboy Color und Gameboy Advance.

Ebenso wie Bandai startete Namco als reiner Spielzeughersteller. 1955 gründete Masaya Nakamura seine Firma, die er 1959 in Nakamura Manufacturing Company umbenannte und die in den Siebzigerjahren ihren Namen Namco erhielt. Zu den ersten Namco-Spielzeugen gehörten hölzerne Reitpferde für Kinder. Es folgten mechanische Pferde und Fahrgeschäfte, die Namco ab 1963 auf Dächern von Einkaufszentren installierte. Von hier aus war es kein weiter Schritt mehr zu mechanischen Fahrsimulatoren. 1970 erschien mit Racer der erste aus dem Hause Namco. Air Combat (1993) markierte den Auftakt der Ace Combat-Reihe. Hier im Bild: Ace Combat 7 (2019). Quelle: Bandai Namco

Anfang der Siebzigerjahre reifte bei Namco die Entscheidung, auf dem Videospielmarkt einzusteigen. Die passende Gelegenheit bot sich 1974, als Atari für seine schlecht laufende und finanziell angeschlagene Tochterfirma Atari Japan einen Käufer suchte. Namco schlug zu und besaß ab sofort die Distributionsrechte für Atari-Spiele in Japan. Ebenfalls bemerkenswert: F1 (1976). Der von Namco entwickelte Rennspiel-Arcadeautomat war das einzige jemals von Atari lizenzierte Spiel, in dem eine mechanische Rennstrecke mittels Licht auf den Bildschirm projiziert wurde. Kleiner Fun Fact am Rande: F1 hatte 1978 im Kaufhaus-Zombie-Klassiker von George A. Romero einen kurzen Auftritt.

Ab 1978 widmete sich Namco als Entwickler modernen, komplett elektronischen Spielen. Den Anfang machte Bee Gee (1978), spielerisch eine Mischung aus einem Flipper und Ataris "Mauerstein"-Spiel Breakout (1976). 1979 erschien mit Galaxian Namcos erstes Shoot 'em Up. Bedeutend erfolgreicher war allerdings dessen kultiger Nachfolger Galaga (1981). Eines der ersten Spiele wurde zugleich Namcos mit Abstand größter Hit und ein Synonym für die goldene Arcade-Zeit. Ab 1980 fraß sich der von Toru Iwatani erschaffene Pac-Man durch virtuelle Labyrinthe. Mit weiteren Hits wie dem Monsterjägerspiel Dig Dug (1982), dem Rennspiel Pole Position (1982) und dem Scrolling-Shooter Xevious (1982) etablierte sich Namco als einer der führenden Videospielhersteller der Arcade-Ära. Viele Namco-Spiele setzten in ihren Genres Maßstäbe. So etwa Pole Position mit seiner für die damalige Zeit realistischen Darstellung und der Pseudo-3D-Grafik sowie Xevious mit seinem Fluggerät, das sich über eine vertikal scrollende Landschaft bewegte und sowohl Luft- als auch Bodenziele angriff.

1987 erschien Final Lap, ein geistiger Nachfolger des Pole Position-Franchise. Final Lap darf eine fragwürdige Ehre für sich in Anspruch nehmen. Es gilt als eines der ersten Rennspiele mit Gummiband-Effekt. Praktisch für Anfänger und Kamikaze-Fahrer: Man fiel nie zu weit hinter die KI-Autos Die Story des Mecha-Spektakels Super Robot Wars erstreckt sich über ein riesiges Franchise aus Mangas, Animes und Videospielen. Hier im Bild: das japanexklusive 2nd Super Robot Wars Original Generation (2012). Quelle: Bandai Namco zurück. Bemerkenswerter war in Final Lap hingegen ein anderes und absolut neues Feature. Insgesamt vier Zwei-Spieler-Automaten ließen sich miteinander verbinden, sodass insgesamt acht Spieler gleichzeitig um Bestzeiten fahren konnten. Mit dem technisch und optisch beeindruckenden Winning Run (1988) stellte Namco erneut seine Stärke als Hersteller hervorragender Rennspiele unter Beweis.

Viele Namco-Spiele erschienen auch für Nintendos NES. Als einer der ersten Partner genoss Namco zunächst einige Privilegien. Als jedoch Ende der Achtzigerjahre die Erneuerung der Lizenz anstand, kritisierte Namcos Boss Nakamura öffentlich Nintendos dominantes Verhalten gegenüber den Third-Party-Studios. Auch deshalb entwickelte Namco nun verstärkt Spiele für Segas Konsole Mega Drive. Es gab sogar Fusionsgespräche mit Sega, die aber im Sand verliefen. Auch überlegte Namco, eine eigene Konsole zu entwickeln. 1989 waren die Pläne bereits weit fortgeschritten. Als Vorbild für Namcos 16-Bit-Konsole diente die in Japan sehr erfolgreiche Konsole PC Engine. Doch so weit kam es schließlich nicht. Namcos Konsolenpläne verschwanden wieder in der Schublade. Stattdessen expandierten die Japaner ihr Arcadegeschäft, indem sie andere Arcadehersteller aufkauften und ihr Geschäft in den USA und Europa vergrößerten. Zudem eröffnete Namco mehrere Freizeitparks mit Fahrgeschäften, die auf eigenen Marken basierten.

Zwischen 1993 und 1995 war Namco ganz besonders kreativ. In diesen Jahren erschienen mehrere Spiele, die heute zu den wichtigsten Namco-Marken gehören. Den Anfang machte 1993 Ridge Racer, das die Spieler vor allem mit seiner Drift-Spielmechanik begeisterte. 1995 erschien Tekken, das erste Prügelspiel der gleichnamigen populären Reihe. Sowohl Tekken als auch das Fighting Game Soul Blade (1993) setzten grafisch auf 3D- Die Konsole Apple Pippin beziehungsweise Bandai Atmark wurde für Apple und Bandai zu einem kolossalen Flop.  Quelle: commons.wikimedia.org Animationen. Beide Spiele verkauften sich hervorragend. Noch mehr Erfolg hatte allerdings der Nachfolger Soul Calibur (1998), der mit seinem innovativen Gameplay und dem Einsatz von Waffen das Genre prägte. Die Dreamcast-Portierung (1999) sah sogar besser als das Arcade-Original aus. Weitere wichtige Titel: Air Combat (1993), der erste Teil aus der erfolgreichen Ace Combat-Reihe, und Time Crisis (1995), Auftakt einer populären Lightgun-Shooter-Serie.

Anfang des Jahrtausends war Bandai der mit Abstand größte Spielzeughersteller in Japan und gehörte weltweit zu den Top 3. Das Konsolengeschäft hatte sich als weniger erfolgreich erwiesen. Im Gegensatz dazu lief das Publisher-Geschäft sehr gut. Mit einer gut gefüllten Kriegskasse ging Bandai nun auf Einkaufstour. Ihr Ziel: Namco, das Bandai 2005 für 1,7 Milliarden US-Dollar übernahm. Im September Ein bahnbrechendes Action-Rollenspiel für leidensfähige Spieler: Dark Souls (2011). Hier im Bild seht ihr die Remastered-Fassung von 2018. Quelle: Bandai Namco  2005 erfolgte die Fusion und Gründung des neuen Unternehmens Bandai Namco. Mehrteilseigner wurde Bandai mit 57 Prozent gegenüber Namcos 43 Prozent.

Für Bandai bedeutete der Kauf vor allem eines: neue, bereits etablierte und populäre Marken, zu denen die Japaner Spielzeuge, Serien und Filme produzieren konnten. Doch auch aus anderer Sicht ergab der Kauf für Bandai Sinn. Mit Namco, einem der größten Videospielhersteller, würde Bandai seine Anteile im Video­spielmarkt bedeutend vergrößern können. Das Spieleangebot wurde nun merklich breiter. Allerdings nicht immer mit Erfolg. Das Action-­Adventure Enslaved: Odyssey to the West (2010), in dem Andy Serkis das Motion Capturing für Protagonist Monkey übernahm, überzeugte spielerisch, enttäuschte aber kommerziell. Star Trek (2013) hingegen floppte auch in Bezug auf das Gameplay. Wesentlich erfolgreicher war Dark Souls (2011). Das knüppelharte Action-Rollenspiel begeisterte die Spieler und bekam zwei Fortsetzungen. Auch die mit reichlich Realismus punktende Rennsimulation Project Cars (2015) war in spielerischer und finanzieller Hinsicht erfolgreich. Bandais Handheld-Konsole Wonderswan war das letzte Projekt von Game-Boy-Erfinder Gunpei Yokoi, der 1997 bei einem Autounfall verstarb. Quelle: Wikimedia/Evan-Amos; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:WonderSwan-Black-Left.jpg)

Darüber hinaus gingen die Japaner vermehrt Kooperationen ein. So entwickelte Bandai ­Namco beispielsweise für Nintendo das Fighting Game Super Smash Bros. (2014) für Nintendo 3DS und die Wii U. Auch der auf Nintendo Switch veröffentlichte Nachfolger Super Smash Bros. Ultimate (2018) stammte von Bandai Namco. Zudem setzten die Japaner vermehrt auf Indie Games. Der Sammelkarten-Strategie-Hybrid Duelyst (2016) und das Puzzle-­Jump&Run Little Nightmares (2017) sind zwei populäre Beispiele. Aber natürlich erscheinen von Bandai Namco auch weiterhin Spiele zu ihren bekanntesten Franchises. In Tekken 7 (2015) sowie Dragon Ball Fighter Z (2018) durften sich die Protagonisten erneut einen neuen Scheitel ziehen und kürzlich im motivierenden Ace Combat 7: Skies Unknown (2019) wieder im Cockpit Platz nehmen. Kommende potenzielle Hits: das von Dark Souls inspirierte Action-Rollenspiel Code Vein sowie das Episoden-Adventure Twin Mirror von Life Is Strange-Entwickler Dontnod.