ZEIT ONLINE

2022-12-08 12:09:03 By : Ms. Aileen Lee

Wenn es darum geht, das Gerät mit dem größten Stromverbrauch zu benennen, muss Jens Larsen nicht lange überlegen. Der Technikchef des Klinikum Dessau kennt jede Leitung, jede Lüftung. Er hat die Klinik als Architekt einst mitgeplant und gebaut. "Ich gehe mal vor", sagt er.

Larsen macht sich auf den Weg ins Erdgeschoss. Hier steht neben den gewöhnlichen Röntgengeräten und Computertomografen ein MRT, also eine Röhre, die per Magnetresonanztomografie Bilder von Knien, Organen oder Schädeln macht. Es surrt, klopft und piept, während Ärzte und medizinisch-technische Assistenten am Computerbildschirm die Aufnahmen überwachen. Larsen öffnet einen Raum neben dem MRT, vollgestopft mit Technik in Kästen: Kühlung, Verstärker, IT.

Ein MRT nutzt flüssiges Helium, das ständig gekühlt werden muss. Es verbraucht so viel Energie wie kein anderes Gerät in einer Klinik: 130.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr. Das ebenfalls energieintensive CT etwa ein Drittel davon. "Allein die Geräte der Radiologie verursachten Stromkosten in Höhe von 300.000 Euro im vergangenen Jahr", sagt Larsen. Im nächsten Jahr wird es weit mehr als doppelt so viel sein.

800 Betten, 23 Fachbereiche, ein Schwimmbad, zwei Hubschrauberlandeplätze, eine Küche für Patienten, Mitarbeiter, Betriebskita. Das Klinikum Dessau ist ein Großverbraucher in Watt und Volt, es verbraucht mit elf Gigawattstunden Strom pro Jahr so viel wie ein ganzes Dorf. Damit gehört es zwar zu den größeren unter den 1.900 Krankenhäusern in Deutschland.

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Die Probleme sind jedoch überall gleich: Weil sie enorme Mengen an Strom und Wärme verbrauchen, steigen ihre Energiekosten , die Einnahmen bleiben aber gleich. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft warnt, dass 40 Prozent der Kliniken ihre Liquidität als kritisch beurteilen.

Auch in Dessau reißen die gestiegenen Energiepreise ein Loch in das Budget. Der Stromvertrag der Klinik laufe zum Ende des Jahres aus, der neue Vertrag sei um ein Vielfaches teurer als der alte, erklärt der ärztliche Direktor der Klinik, Joachim Zagrodnick. "Wir werden etwa vier Millionen Euro mehr für Energie ausgeben müssen." Es sei unmöglich, das anderswo einzusparen. "Wir können schließlich nicht in den Patientenzimmern die Temperatur herunterfahren oder beim Personal sparen." Finanziert werden müssen die Kosten eigentlich über die Fallpauschalen der Krankenkassen. Doch die beruhen auf Zahlen von vor zwei Jahren, während die Kosten seitdem enorm gestiegen sind.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat den Krankenhäusern acht Milliarden Euro Hilfsgeld in Aussicht gestellt. Wann und an wen das Geld fließt, ist aber noch offen. "Die Zeit drängt", sagt Klinikchef Zagrodnick, "unsere Liquidität ist begrenzt." Und der Betrieb läuft ja weiter.

Technikchef Larsen geht zum zweiten großen Stromfresser runter in den Keller, wo die Be- und Entlüftungsanlage dröhnt. Dutzende Rohre führen an der Decke entlang, an den Wänden stehen reihenweise Technikschränke: Klimablöcke, die die Luft erwärmen, befeuchten, entfeuchten oder kühlen, je nach Bedarf. "Die Anlage läuft rund um die Uhr", sagt Larsen, "sie versorgt von den OP-Sälen bis zur Umkleide für das Pflegepersonal alle Räume." Stromkosten im vergangenen Jahr: rund eine Million Euro. 

In der Küche wird es nicht besser: 3.500 Portionen werden hier pro Tag zubereitet. Der Küchenchef liebäugelt mit einer neuen Ausstattung, die jetzige sei 16 Jahre alt. "Am liebsten auf Elektro-Dampf-Basis." Doch das Geld dafür fehle. Jährliche Stromkosten der Küche: 200.000 Euro, bislang.

Es muss also gespart werden. Deutschlandweit ist das Potenzial groß. Jedes einzelne Krankenhausbett in Deutschland verbraucht mit rund 10.000 Kilowattstunden so viel Strom wie jährlich zwei Familienhaushalte.

"Auch in Dessau reißen die gestiegenen Energiepreise ein Loch in das Budget. Der Stromvertrag der Klinik läuft zum Ende des Jahres aus, der neue Vertrag ist um ein Vielfaches teurer als der alte, erklärt der ärztliche Direktor der Klinik"

Dann werden wohl die Krankenversicherungsbeiträge steigen müssen.

Das wird zu viel Protest führen, denn einer muss es ja am Ende bezahlen, will es aber nicht.

Das gleiche Thema auch bei den Medikamentenengpässen. Man wollte die Produktion in billigere Ausland verschieben, da man nicht mehr bezahlen möchte und jammert gleichzeitig über den Verlust des Status "Der Apotheke der Welt". Klar, man kann die Produktionsanlagen nach Deutschland zurückholen, muss dann aber bereit sein, das 5-6 fache des aktuellen Preises für Medikamente zu bezahlen.

Dann steigen die KK-Beiträge von 15 auf 30 %, mindestens.

Vielleicht hilft es, sich klar zu machen, dass wir nun einmal Energie brauchen. Sicher, preisgünstig und in substanziellen Mengen und eben auch umweltfreundlich.

Es bringt nichts, die Augen davor zu verschließen und zu denken, man könne ein Land wie Deutschland über Einsparungen versorgen. Wir benötigen belastbare Lösungen in Größenordnungen.

"Es bringt nichts, die Augen davor zu verschließen und zu denken, man könne ein Land wie Deutschland über Einsparungen versorgen."

Wir können auch Energie einsparen und sie dafür den "bedürftigen" Sektoren zukommen lassen.

Das ist kein entweder/oder.

Die meisten Krankenhäuser haben seit Inkrafttreten des Erneuerbare Energien Gesetzes im Jahre 2000 nichts getan, um einen Eigenanteil der Energieversorgung durch erneuerbare Energien aufzubauen. Die Dachflächen sind größtenteils nach wie vor ungenutzt. Es findet weder ein Gewinnung von Wärmeenergie, noch von Elektrizität statt. Es wurden 22 Jahre verpasst.

Wie übrigens auch auf den meisten öffentlichen Gebäuden hierzulande.

"Wie übrigens auch auf den meisten öffentlichen Gebäuden hierzulande."

Liegt das vielleicht daran, dass es nicht ganz so einfach ist wie immer hier gern postuliert wird? Einfach ein paar Solarzellen aufs Dach und besser dämmen?

Ich hatte das Thema bei unserer Firmenzentrale. Man rennt von Pontius zu Pilatus für die nötigen Gutachten und Genehmigungen. Spreche hier nur für Solar auf dem Dach. Häufig macht einem dann der Brandschutz ein Strich durch die Rechnung. Ich will mir nicht einmal vorstellen, wie das bei öffentlichen Gebäuden ist, die nicht selten unter Denkmalschutz stehen. Es wird immer gerne so getan, es würde am Willen fehlen. Das wage ich als gebranntes Kind zu bestreiten. Es liegt am deutschen Bürokratiemonster.

Sie reden auch so schön von einem "Eigenanteil". Solange sie den Strom nicht lokal speichern, gibt es den einfach nicht. Sie speisen ihren Strom ins Netz ein und bekommen dafür 5-6 Cent und kaufen dann den Strom aus der Steckdose für 30-50 Cent. Solche einfachen Ideen wie Zähler rückwärts laufen lassen, sind uns Deutschen einfach zu einfach und zu wenig Bürokratie.

Für mich ein Beleg dafür, dass wir noch zuviele Krankenhäuser, insb. kleine Klitschen auf dem Land, haben und hier auf Effizienz zur Einsetzung der Mitgliedsbeiträge geachtet werden muss, auch im Hinblick auf unnütze Doppelverordnungen - aber das ist ein anderes Thema.

Landärzte fehlen ohne Ende vor allem im Norden sowie im Osten. Es gibt Gegenden auf dem Land da fahren sie jetzt schon mal 15-20 Kilometer ins nächste Krankenhaus.

Evtl. sollte man sich in diesem Zusammenhang die Sterblichkeit anschauen aufgrund der Dauer der Anfahrt ect... .

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